Sonntag, Oktober 03, 2010

KRIEG FÜR DIE WELT

Die Zukunft der Konfliktästhetik

Mit Bedauern sehen Staatsoberhäupter sich gegenwärtig gleichsam in weitgehend demokratischen wie auch in weniger demokratischen als auch in alles andere als demokratischen Ländern innerhalb der Bevölkerung mit wachsendem Unmut gegenüber bedingt notwendigen militärischen Konflikten konfrontiert.
Der Grund dafür ist der wachsende Anspruch des Publikums. Die Inszenierung eindrucksvoller Spektakel innerhalb des Kriegsgenres ist dieser Tage weit weniger einfach als etwa noch im 20. Jahrhundert.
Die Militär PR ist überfordert. Traditionelle Verbreitung von Unwahrheiten über angreifenswerte Staaten scheint nicht mehr auszureichen. Das beeindruckende Werbematerial, das Kinderfresser, Thronfolgermörder, Giftwaffenbesitzer, Atombombenbauer und Radiosenderüberfaller zeigt und die Notwendigkeit eines Krieges mit kleinbürgerlich moralischem Nachdruck unterstreicht, erreicht den Konsumenten nur noch bedingt.
Dieser Tage, da in einigen Regionen der Krieg so dauerhaft wie der ursprünglich versprochene Frieden ist, und man seine Truppen des positiven Effektes wegen einfach mehrmals aus Kriegsgebieten abzieht, ist das Publikum beinahe ebenso kriegsmüde wie politikverdrossen.

Wie aber lässt sich in einer Zeit sich auflösender klassischer Feindbildstrukturen, in der westliche Machthaber sich verzweifelt an kleinwüchsige koreanische Usurpatoren und nahöstliche Restweltbedroher klammern, die rückhaltlose Zustimmung der Bevölkerung für einen bewaffneten Konflikt erlangen?
Um diese Frage zu beantworten, hat die Gemeinschaft moralisch grundsätzlich und ohne Zweifel im Recht befindlicher Staaten einen internationalen Fond gebildet, aus dem hochrangige Werbefachleute, Psychologen und Designer bezahlt werden, um ein ansprechenderes Kriegsbild zu generieren.
Ziel dieser Gruppe von Koryphäen ist die Reästhetisierung des Kriegsgedankens innerhalb der Bevölkerung. Eine große Aufgabe. Verpackung und Inhalt des Produktes müssen dem 21. Jahrhundert angepasst und eine komplett neue Verkaufsstrategie entwickelt werden.
Das Produkt muss dem Endverbraucher so schmackhaft gemacht werden, dass, wenn er im Regal 250g Krieg zwischen zwei Mal 500g Frieden sieht, selbst wenn dieser etwas teurer ist, ohne nachzudenken den Krieg wählt. Dafür aber muss er nicht nur ansprechender als der Frieden wirken, sondern auch darüber hinaus attraktiv wirken. Bedeutet nämlich drei Mal JA zum Krieg eine Gratistankfüllung oder ein Wochenende in Disneyland, dann verändert sich auch die gesellschaftliche Haltung gegenüber der militärischen Intervention.
Die Arbeitsgruppe Konfliktästhetik hat allerdings auch in Erwägung gezogen, das Publikum mit der Wahrheit über anstehende Konflikte zu konfrontieren.
Slogans wie ‚Wir wollen Euer Öl‘, ‚Wir wollen euren Herrscher stürzen, um an seiner Stelle einen einzusetzen der tut was wir sagen‘ oder ‚unsere Armee kostet so viel, die müssen auch mal was tun‘ erwiesen sich jedoch als schwer verkäuflich.
Seit eh und je hüllt der gemeine Kriegsbefürworter sich gern in das wärmende Mäntelchen der Moral. Aus diesem Grund wird auch das alte Gleichnis „Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn einen Tag. Gib ihm eine Angel und du ernährst ihn sein ganzes Leben. Gib ihm ein Gewehr, und er kann sich überlegen, ob er seinem Nachbarn den Fisch oder die Angel wegnimmt.“ In der Regel um den letzten Teil gekürzt.
Auch der gezielte Gebrauch von Euphemismen wie kriegsähnlicher Zustand hielt schlussendlich nicht was er versprach. Hierdurch vom klassischen Krieg beinahe völlig entfremdet, zeigte die Öffentlichkeit sich plötzlich verwundert, dass im Rahmen solcher Konflikte tatsächlich Soldaten versterben und kriegsähnliche Zustände zu tötungsähnlichen Vorfällen führen.

Aus diesen Gründen hat sich die Arbeitsgruppe Konfliktästhetik zugunsten der Repopulasierung des militärischen Konfliktes zu einer radikalen Kehrtwende entschlossen.
Die Militärkonfliktbefürworterpsychologie des 21. Jahrhunderts entfernt sich von der klassischen Kriegstreiberpolemik. Stattdessen wendet sie sich auf höherer Ebene dem Wohl des Planeten und der gesamten Menschheit zu. Und dieses wird in Zukunft nicht mehr länger durch Niederringen eines Schurkenstaates samt dazugehörigem Chefschurken erreicht, sondern auf einer völlig entpersonalisierten Ebene. Hierdurch werden - zur Begeisterung der Auftraggeber - Gegenstand und Ziel eines Krieges vollkommen austauschbar.
Wichtig ist in diesem neuen Kontext lediglich, dass Krieg geführt wird. Zum Wohle aller und natürlich der Welt.

Was kann man sich besseres Wünschen als einen Krieg, der die Welt heilt?

Hierfür sind zunächst freilich einige sinnreiche Neuerungen vonnöten: Das generelle Verbot von Streu und Splitterbomben wird eingeschränkt und gilt fortan nicht mehr für Sprengkörper, die mit Samenkapseln und Mutterboden bestückt sind. Die auszubringenden Samen müssen der natürlichen Fauna der Kriegsregion angepasst und mit schnellwachsenden Pflanzen bestückt sein, um einen Bombenkrater innerhalb einer Woche zu einem fruchtbaren Biotop zu machen. In diesem kann dann die nachfolgende Infanterie auf ihrem Durchmarsch bedrohte Kleintiere auswildern.
Darüber hinaus wird jedem Soldat künftig im Zuge des Nahkampftrainings eine Gartenbauausbildung zuteil. In seiner Grundausrüstung wird er fortan außerdem neben Faltgießkanne und Pflanzendünger eine Heckenschere mit sich führen.
Im Vordergund steht in Zukunft weniger der kriegerische Konflikt selbst als vielmehr die nachhaltige Begrünung des dazugehörigen Schauplatzes.
Es geht um nichts weniger Kolateralschadenbegrünung.
Aufforsten statt abschlachten.
Außerdem erfolgt, während Langstreckenraketen auf Rapsöl umgestellt werden, eine Umrüstung von Kampfjets und Panzern auf Biodiesel. Desweiteren werden Fertigung und Verkauf von Waffen künftig unter Fairtrade Bedingungen in Drittweltfabriken abgewickelt, während die zuständigen Stellen eine ozonlochfreundliche Waffentechnologie entwickeln, deren Abfeuern das Klima stabilisiert.
Obwohl diese Pläne bereits umgesetzt werden, konzentriert die Arbeitsgruppe sich gegenwärtig zunächst noch darauf, festsitzende negative Kriegsassoziationen innerhalb der Bevölkerung auszumerzen.
Diese werden beispielsweise durch realistische Kriegsdarstellungen ausgelöst, wie sie sich im Zeitalter alternativer Medien bedauerlicherweise nicht verhindern lassen. Meldungen über zivile Opfer, wie sie sich bei längeren Konflikten unangenehm häufen können, verunsichern den wankelmütigen Kriegsbefürworter. Aber auch hier bieten die Konfliktästheten im Sinne des neuen Konzeptes eine Lösung: in Zukunft übernimmt der verantwortliche Soldat für jeden von ihm verursachten Tod eines Zivilisten die Patenschaft für ein vom Aussterben bedrohtes Tier.
Und beim Anblick blühender Schlachtfelder, bewaffneter Landschaftsgärtner und allerlei glücklicher einstmals fast ausgestorbener Tiere wird die Weltöffentlichkeit bald erkennen, dass die Natur sich mit jedem Krieg mehr erholt und dementsprechend zum Wohle der Menschheit mehr davon fordern.
Denn wer in eine Wüste einfällt um wenig später blühende Landschaften zu hinterlassen, dem ist der Naturschutznobelpreis beinahe gewiss.

Die Arbeitsgruppe Konfliktästhetik ist jeden Cent wert gewesen. Sie hat dem Krieg eine rosige Zukunft beschert, die den vernünftigen Bürger guten Gewissens JA sagen lässt.
Denn Bio ist besser. Rette die Wale, stoppe die Klimakatastrophe, schließe das Ozonloch, beende das Waldsterben, sag JA zum Krieg!

Und wenn es dann zum Wohle aller und der Welt am Ende heißt: KRIEG - 100% Bio, dann führt die Welt ihn gerne.
Wo auch immer.
Und dann darf es auch ruhig etwas teurer sein…

©christian von aster

Samstag, August 07, 2010

HAPPYCUT 3000

oder

wie das Universum zugunsten seiner Rettung um die Revolutionierung der Gartenarbeit betrogen wurde

George Lucas zugeeignet


Das meiste was man - insofern sich überhaupt etwas in Erfahrung bringen lässt – von dieser Geschichte zu hören bekommt, ist Jedi-Propaganda. Dementsprechend werden die wirklichen Sachverhalte der Gründung des Jedi Ordens den wenigsten Anwesenden bekannt sein.
Und auch mir selbst wären sie ohne Zweifel verborgen geblieben, hätte ich nicht auf einem olowokischen Trödelmarktplanetoiden jenes kuriose Kleinod erstanden.
Dabei handelt es sich um zwei kleine, durch ein Gelenk miteinander verbundene Zylinder, beinahe an den Griff einer Schere oder Zange erinnernd, in deren Innerem sich jeweils ein kleiner Handreaktor, und ein komplexes Gebilde aus Linsen und Prismen befindet.
Das Gerät ist nicht mehr funktionstüchtig und die Spulen des Handreaktors sind weitgehend defekt. Dennoch ist deutlich und zweifelsfrei zu erkennen, worum es sich bei diesem Gerät ursprünglich handelte: eine Lasergartenschere.
Sie ist zweifelsohne eine Art Antiquität. Mit Sicherheit mehrere hundert Jahre alt. Der Insektoide, der sie mir verkaufte, wusste über sie nicht mehr zu erzählen. In einem der Griffelemente jedoch ist - wenn auch beinahe völlig verwittert – der Name der Herstellerfirma zu erkennen: Happy Garden.
Neugierig geworden begann ich bald mit einigen Nachforschungen:
Die Firma Happy Garden war eine Tochter der Happy Planet GmbH gewesen, deren Hauptfirmensitz vor Urzeiten auf Wuttke 12 im Industriegebiet der Wagowoden Monde gelegen hatte. Laut Interstellarnet hat der Planet seit damals etwa 200 Mal den Besitzer gewechselt und ist inzwischen eine Schockfrosterei für Quallenpralinen.
Was angesprochene Lasergartenschere anging, so hatte der Happy Planet Ableger, den spärlichen Einträgen der örtlichen Industriearchive zufolge, vor ungefähr 900 Jahren mit ihrer Serienpoduktion begonnen, um diese aber keine drei Jahre später wieder einzustellen.
Die Ursache dafür war ein durch den Patentplaneten Septimus Zongh erhobener Einspruch, den dieser aufgrund eines, vom Vorsitzenden eines neu gegründeten Vereines eingereichten beglaubigten Patentantrages führte. Besagter Verein trug damals noch den wenig wohlklingenden Namen GVJGFRU, „gemeinnützige Vereinigung der Jedi für gemeinschaftliche Freizeitgestaltung und die Rettung des Universums“.
Für die meisten war der Fall klar: Happy Garden hatte versucht, sich einer fremdentwickelten Erfindung zu bemächtigen, um diese zu vermarkten und die eigene Position im Marktsegment Gartenarbeit nachhaltig zu optimieren.
Dabei war die Lasergartenschere, die inzwischen den verkaufsfördernden Namen HappyCut 3000 bekommen hatte, durchaus praktisch. Genau genommen sogar weit praktischer als das Patent des dubiosen Vereines. Denn während man mit der HappyCut problemlos die überwucherten Planetenoberflächen von Rühling VII und Borngroll III zu zivilisierten Gärten hätte machen können, war das Patent der Jedi - das übrigens den pathetischen Namen Lichtschwert bekommen hatte - kaum etwas anderes als ein leuchtender Knüppel, mit dem man anderen Leuten eins überziehen konnte.
Das Funktionsprinzip aber war das gleiche.
Und eben da lag das Patentproblem.
Dennoch weigerte der Geschäftsführer von Happy Planet sich zunächst, die Produktion einzustellen. Die Lasergartenschere war das ultimative Gerät zur intergalaktischen Gartenarbeit auf großen und kleinen Planeten, und konnte dabei nicht nur zur Moosentfernung aus den Fugen künstlicher Planeten, sondern auch zur Erhitzung von Fertiggerichten benutzt werden. Kurzum, das Gerät war der Trumpf der Firma, die sich von dem Ding mindestens ebenso viel versprach, wie sie zuvor investiert hatte.
Zumal auch Exklusivverträge mit den Betreibern der Schrebergartenkolonien im Quintasi Sektor einige Umsatz erwarten ließen.
Happy Planet ließ es also auf einen Prozess ankommen.
Im Lauf eben dieses Prozesses - dessen Unterlagen nach dem großen EMP Debakel im Archivgeschwader der föderierten Großgerichtsbarkeit nicht mehr ganz vollständig sind - fanden zahlreiche Kreuzverhöre statt, die den aufmerksamen Prozessbeobachter durchaus stutzen ließen.
Da gab es etwa die Aussage eines jungen Ex-Jedi, der den Verein aufgrund unüberbrückbarer persönlicher Differenzen verlassen und wenig später das Sith Ferienlager auf Golgoroth Neun gegründet hatte. Ihm zufolge war schon im Zuge der Gründung des Vereines darüber nachgedacht worden, mit welcher Art von Vorrichtung die Jedi jenen fragmentarisch paramilitärischen Charakter ihrer Organisation betonen konnten. Günstig zu erwerben waren zu jenem Zeitpunkt einige Dutzend großkalibriger Rotorkanonen, die nach der fehlgeschlagenen Revolution auf Delta Happa Happa dort niemand mehr brauchte. Die Tatsache, dass jede dieser Kanonen drei Munitionsträger brauchte, machte sie für die Jedi bei einer damaligen Mitgliederzahl von acht jedoch vergleichsweise unerschwinglich.
Es galt dementsprechend etwas zu finden, das sowohl den ästhetischen als auch praktischen Ansprüchen des Vereines genügte. Hierbei wäre schlussendlich ein Zusammentreffen des Vereinskassenwartes mit dem Chefentwickler der Firma Happy Garden in einer Weltraumrockerkneipe auf Bagel IV ausschlaggebend gewesen. Während eben dieses Treffens hätte der redselige Gartengeräteentwickler nach drei Gläsern virgilisischen Wurmsektes seinem Gegenüber stolz die Lasergartenprototypblaupausen präsentiert.
Bei einer kurz darauf anberaumten Jedivereinssitzzung wäre zunächst wohl tatsächlich darüber nachgedacht worden, fortan die Happygardenlasergartenschere im Gürtel zu führen. Dabei sei man jedoch zu dem Schluss gekommen, dass ein Haufen Männer mit glühenden Gartenscheren nur etwas bedingt Bedrohliches hatte, und es folglich besser wäre, die Weiterentwicklung der Erfindung in die eigene Hand zu nehmen.
Das Ergebnis wäre das, im Gegensatz zur Gartenschere in verschiedenen Farben erhältliche Lichtschwert gewesen, dessen Erwerb jedoch nur mit gültigem Jedi-Clubausweis möglich war.
Dem angeklagten gemeinnützigen Verein gelang es während des Prozesses vor allem durch grammatikalisch vollkommen verquaste Ausführungen (wie sie später von einem gewissen Meister Yoda vervollkommnet werden sollten) und einen ungewöhnlichen Zeugen, mit einem blauen Auge davonzukommen.
Es war im nachhinein offensichtlich, dass der Chefentwickler des Happy Garden Konzerns lediglich versäumt hatte, das Funktionsprinzip des Gerätes zu patentieren. Ebenso offensichtlich war, dass die Jedi es gestohlen hatten. Dennoch sollte es ihnen gelingen, einen Zeugen aufzurufen, der ihnen nachträglich eine vorträgliche Legitimation von allumspannender Bedeutung zuteil werden lassen sollte. Bei diesem Zeugen handelte es sich um den Pressesprecher des Institutes für präkognitiv prognostizierte historische Alternativen, das ehemals staatliche und nunmehr privatisierte Orakel von Pogon Alpha.
Der Mann übermittelte dem Gericht zwei zukünftige Alternativen:
1. Wenn Happy Garden den Prozess gewann, würde die Firma im Verlauf von 1000 Jahren mehrere hundert zauberhafte Gärten und Parks anlegen, unzugängliche Waldgebiete von Coruscant bis Naboo wegbar machen und dabei die Zahl der Gartenunfälle um über 700% Prozent steigern.
2. Wenn die Jedi Recht bekämen, würden diese während der nächsten 1000 Jahre hart trainieren, sich selbstständig bilden und sich annähernd ausrotten lassen, um dann zuletzt das Universum zu retten.
Vor allem zwei Aspekte dieser Vorhersage begründeten den Ausgang des Prozesses:
Rettung des Universums klang gut, und eine 700%ige Steigerung von Gartenunfällen hätte zahllose Überstunden für das Gericht bedeutet.
Auf diese Weise gelang es also den Jedi, diesen Prozess entgegen aller Indizien zu gewinnen und dadurch die Happy Planet GmbH, die voll auf das neue Produkt ihrer Tochterfirma gesetzt hatte, vollkommen zugrunde zu richten.
Was hierauf folgte, war beinahe klar:
Der Geschäftsführer von Happy Planet enthauptete sich selbst mit einer HappyCut 3000, und die Jedi begannen hart zu trainieren.

Ich betrachte diese Entwicklungen als ein Fanal der freien Marktwirtschaft, und möchte darum vor allem die drei Fakten herausstellen, die an ihrem Ende stehen:

Der erste Fakt, bis heute den wenigsten bekannt, ist, dass die Geschichte der ehrbaren Jedi - deren Gemeinnützigkeit ihnen übrigens nach einem Vereinstreffen auf dem Bordellplaneten Meretrix 5 aberkannt wurde - mit dem Ruin eines mittelständischen Gartengeräteherstellers begann.

Der zweite, beinahe ebenso wenigen Leuten bewusst, ist der, dass die größte Revolution in Sachen Gartenarbeit, die HappyCut 3000, einem Komplott zum Opfer fiel.


Einzig der letzt Fakt, darf getrost als allgemein bekannt erachtet werden:
Bis heute vermochte die Gartenschere sich als Nahkampfwaffe nicht durchzusetzen.


ENDE



© christian von aster
www.vonaster.de

Montag, Juli 05, 2010

Die besten Plätze

DIE BESTEN PLÄTZE


Als Fritz Schmidt starb, da tat er es so, wie er auch gelebt hatte: wie die meisten anderen auch, indem er eines morgens eben einfach nicht mehr aufwachte.

Seine Seele, die sich bereits vom Körper gelöst hatte, war mit dieser Situation zunächst überfordert und bliebe noch ganze zwei Tage bei ihrem Körper, bevor sie schlussendlich gen Himmel fuhr.

Hier jedoch begegnete man ihr wenig wohlwollend, und Petrus bedeutete ihr unmissverständlich, dass sie den Rest der Ewigkeit keinesfalls in der Gesellschaft von Engeln verbringen würde

Also machte die Seele sich wenig später auf den mühsamen Weg in die Niederungen der individuell ätherischen Reststoffverwertung und fuhr, wie man landläufig sagt, zur Hölle.

Dort angekommen, verstellte der Teufel selbst ihr den Weg und machte ihr unmissverständlich klar, dass es auch hier einer gewissen Qualifikation bedurfte. Genaugenommen, war diese sogar schwerer zu erlangen, als die für die himmlischen Gefilden. Man musste schon einiges leisten, um sich der Hölle würdig zu erweisen.

Damit hatte Fritz Schmidt allerdings nicht gerechnet.

Im Himmel abgewiesen worden zu sein, war seiner Meinung nach gleichbedeutend mit dem Eintritt für die Hölle gewesen.

Zumal man ja am Ende irgendwo bleiben musste.

In diesem Moment, mit dem dem Herrn der Hölle konfrontiert, war es für die Seele Fritz Schmidts an der Zeit, herauszufinden, ob auch sie auf ewig zischen Himmel und Hölle umherirren oder aber ihren Platz in der Hölle bekommen würde.

Satan öffnete seinen Schlund und fragte mit einer Stimme, die so furchterregend durch die ewige Finsternis hallte, dass jede einzelne verdammte Seele bis ins Mark erschauertre:

„Was, Menschenseele, hast du getan, dir deinen Platz in der Hölle zu verdienen?“

Die Seele Fritz Schmidts, die sich gegenüber dem Teufel recht jämmerlich ausnahm, überlegte kurz. Dann antwortete sie wahrheitsgemäß und mit einem nicht allzu guten Gefühl:

„Nichts.“

Einen Moment lang war Schweigen.

Die Seele merkte wohl, dass der Teufel sich etwas mehr erhofft hatte. Und insgeheim bereitete er sich schon darauf vor, für immer und ewig zwischen Himmel und Hölle in Vergessenheit zu geraten, als der Teufel sich plötzlich verneigte, und ihm den Weg freimachte.

Denn jene, die nichts taten, waren von alters her das eherne Rückgrat der Hölle.

Sie füllten ihren Ränge, bestimmten das Schicksal der Welt, und waren der unverrückbare Grundstein der Macht. Wo auch immer ein einzelner wahres Übel tat, brauche jenes Übel um zu gedeihen doch noch immer ein Dutzend von denen die nichts taten.

Jene die nichts taten, waren die Schlimmsten der Schlimmen, was spätestens in dem Moment offenbar wurde, wenn man ihre nächsten abholte, erschlug oder verbrannte.

Der Teufel wusste sehr wohl, dass ohne Seelen wie diese, die Hölle leer und er selbst ein Nichts gewesen wäre. Und eben darum gebührten ihnen hier unten die besten Plätze…

Und schaudernd sah der Teufel Fritz Schmidt nach, als dieser nun seinen rechtmäßigen Platz in der Hölle einnahm...

© christian von aster

Mittwoch, Juni 02, 2010

Neuigkeiten vom Ende der Welt

NEUIGKEITEN VOM ENDE DER WELT
eine verswärtige Betrachtung der gegenwärtigen Weltlage

Es ging neulich zu später Stunde
unverwandt die Welt zugrunde.
Weil aber jeder von uns da
einfach zu beschäftigt war,
haben wir's nicht wahrgenommen,
vom Untergang nichts mitbekommen.

Doch hätt' die Welt bevor sie sank
den Antrag auf den Untergang,
hätte nun die Welt,
diesen fristgerecht gestellt
und mit dreifachem Durchschlag eingereicht,
hätten wir womöglich Interesse gezeigt.

Wir müssen nicht zittern, wir müssen nicht bangen,
denn die Welt ist längst untergegangen.

Montag, Mai 03, 2010

Wir tun, was wir können...

Christian von Aster präsentiert:
garstige Glossen für eine bessere Welt / No. XIV

WIR TUN, WAS WIR KÖNNEN
Eine Serviceglosse in Magenta


Ich bin ja noch bei der Telekom
Wenn ich es recht bedenke, könnte ich niemandem verdenken, wenn er jetzt schon lacht.
Aber ich gehöre zu einer Generation, die ihren Telefonanschluss quasi noch von ihren Eltern geerbt hat. Und die kannten damals ja noch nichts anderes.
Seitdem hat sich natürlich einiges geändert. Aber wenn man genauer hinsieht, scheint der Wechsel von einem Telefonanbieter zum anderen doch kaum mehr, als der verzweifelte Versuch, den Teufel mit dem Beelzebub auszutelefonieren.

Ich bin ja vor allem bei der Telekom geblieben, weil ich auf ihre Erfahrung setzte und davon ausging, dass es dort irgendwie besser ist.
Und tatsächlich: Kunden anderer Anbieter wird lediglich Verarsche zuteil. Die Telekom hingegen bietet Premiumverarsche.
Das aber offenbart sich erst, wenn sie mehr tun muss als Rechnungen schreiben…

Vor einem knappen Jahr plante ich einen Umzug, informierte im Vorfeld die Telekom und erteilte ihr via Internet - wo man heutzutage ja alles machen kann - einen Umzugsauftrag für meinen Anschluss. Es ist übrigens fantastisch anzusehen, von welch variantenreicher Vielzahl von potemkinschen Serviceangeboten die Homepage der Telekom strotzt. Kurz darauf erhielt ich jedenfalls eine Email-Bestätigung, die im Nachhinein nichts anderes ist als Spam, nur weniger unterhaltsam.
Dazu muss man allerdings sagen, dass der Versand einer automatisch generierten Mail anscheinend das einzige ist, was bei der Telekom reibungslos funktioniert.
Eine Woche vor meinem Umzug rief ich - der ich mich nun lange genug an besagter Mail erfreut hatte – schließlich doch mal bei der Telekom an und erfuhr, dass mein Auftrag einem Systemfehler zum Opfer gefallen wäre, man sich aber sofort kümmern würde.
Man kümmerte sich also.
Lange, eingehend, intensiv und ohne sichtbare Erfolge, weshalb ich einen Großteil meiner Tagesfreizeit auf der Telekom Serviceline verbringen und eine Reihe überaus emotionaler Gespräche führen durfte, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Telekom: „Wir tun, was wir können.“
Ich: „Aber was genau können Sie denn tun?“
Telekom: „Wir können leider nichts tun.“

Nach einigen tristen Wochen, in denen ich und die Telekom uns stetig näherkamen, hatte ich zumindest meinen Festnetzanschluss wieder.
Nur das Internet gönnte man mir nicht, weshalb ich die zarten Bande, die mich mit dem Konzern verbanden, redlich pflegte. Inzwischen hatte ich mich auf einen Kompetenz simulierenden Mitartbeiter eingeschossen, der mir eines Tages am Telefon eine heitere Anekdote erzählte: Nach einem halben Jahr ungelöster Anschlussprobleme hätte er einmal eine Kundin persönlich getroffen und es wäre ein wirklich netter Abend gewesen.
Von dieser Aussicht in bedingt freudige Erregung versetzt, rechnete ich ihm einmal vor, was die innige Beziehung zu besagtem Konzern mich inzwischen gekostet hatte.
Mein Gegenüber zeigte sich verständnisvoll. Und statt mir ein persönliches Treffen bei Kerzenlicht vorzuschlagen, offerierte er mir Gutschriften. Und zwar in einem derart beeindruckenden Ausmaß, dass es mich für den Moment ebenso befriedete wie ein Lolli, den man einem schreienden Kind in den Rachen rammt.

Nach einem dreiviertel Jahr, insgesamt 18 Anrufen und sechs verschiedenen Mitarbeitern der Telekom Serviceline, komme ich zu dem Schluss, dass der Konzern womöglich unter Amnesie leidet. Er könnte allerdings auch darauf setzen, dass Kunden zugunsten freundlicher Gespräche vergessen, was ihnen am Telefon zugesichert wurde oder aber versterben, bevor ihre Gutschriften fällig werden. Wobei es natürlich auch möglich ist, dass die Telekom ihre Gutschriftenpolitik langfristig angelegt hat, und all die vollmundig versprochenen Vergünstigungen schlussendlich meinen Enkeln zuteil werden.

Ich habe jedoch auch noch eine weitere interessante Theorie entwickelt: Nämlich, dass der Konzern unter der Hand eine Singlebörse betreibt.
Singles aus ganz Deutschland zahlen dafür, dass sie in Telekom-Callcentern arbeiten dürfen, wo sie täglich Kontakt mit mehreren hundert unzufriedenen Kunden haben, die sie am Telefon eingehend kennenlernen können, um sich dann gegebenenfalls mit ihnen zu treffen und schlussendlich zu heiraten.
Erst wenn man all diese Dinge genau bedenkt, vermag man zu sagen, was die Deutsche Telekom tatsächlich ist:
Ein Konzern, der Rechnungen schreibt, neben einer geheimen Partnervermittlung einige potemkinsche Callcenter betreibt, darüber hinaus bedingt funktionale Telefonanschlüsse vermietet und einem zuletzt noch eine ganze Menge Ärger bereiten kann, für den er sich fürstlich bezahlen lässt.

Oder um es mit einem der aktuellen Slogans der Telekom zu sagen:

Bewährte Qualität aus einer Hand.

Merken Sie sich diese Hand.
Denn Sie wird Ihnen redlich in die Tasche greifen.
Und sobald Sie ein Problem haben, wird sie Sie ohrfeigen bis wissen was Magenta ist...*


*zugunsten der telekom muss der autor anmerken, dass sie sich nach erhalt dieses textes darauf besann, ihn nicht nur für außerordentlich unterhaltsam zu erachten, sondern dem autor auch eine reale gutschrift in dreistelliger höhe zuteil werden zu lassen





© 2o1o christian von aster
www.vonaster.de

Samstag, Januar 30, 2010

Für die Statistik

FÜR DIE STATISTIK

oder darf es noch ein bisschen mehr sein?


Jugendgewalt ist heutzutage ja ein Thema. Das erfuhr ich jedenfalls, als ich kürzlich im Berliner Institut für Gewaltprä-, inter- und subvention an einer gesellschatlich relevanten statistischen Erhebung zu diesem Thema mitwirken durfte.

Für meine Teilnahme wurde mir eine Vergütung von 30,00 € in Aussicht gestellt, und man versicherte mir, dass besagter Test in keinem Fall länger als eine halb Stunde dauern würde.

Ich füllte zunächst einen anonymen Fragebogen aus, dann folgte ein kurzes Aufklärungsgespräch über Sinn und Zweck des Testes: Da nämlich Gewalt heutzutage viele Gesichter hätte wäre es schwer, sie zu kategorisieren und wissenschaftlich auszuwerten. Da das jedoch vonnöten wäre, hätte man also diesen Test entworfen, der weltweit von zertifizierten Instituten durchgeführt wurde. Die ersten zehn Minuten meiner halben Stunde verbrachte ich damit, dieser Rede zu lauschen und Formulare auszufüllen.

Blutgruppe, Allergien, ethnische Abstammung. Das Übliche. Darüber hinaus Fragen nach Unfallversicherung, Krankenkasse und Sportverletzungen. Ich habe das Kleindgedruckte überflogen, dann meine Unterschrift druntergesetzt (für Geld muss man immer irgendwo unterschreiben), und zuletzt folgte eine kurze ärztliche Untersuchung, die ebenfalls fünf Minuten in Anspruch nahm, womit die ersten 15 € schon verdient waren.

Der untersuchende Arzt führte mich schließlich in einen weißgekachelten Raum, fixierte mich, verband mir die Augen und ging. Ich fühlte mich nicht wirklich wohl, aber lange konnte der Spaß ja nicht mehr dauern. Schließlich war die Hälfte der Zeit schon vorüber.

Pllötzlich ertönte ein Geräusch ähnlich dem Schließsignal einer U-bahn, und dann begann die schlimmste Viertelstunde meines Lebens:

Der erste Schlag traf mich in der Lendengegend, gefolgt von einem beherzten Schienbeintritt, der in ein mittelschweres Faustschlagstakkato in Magengrubenregion überging. Das Ganze dauerte etwa zwei Minuten. Dann erklang ein zweites Signal und die Schläge verstummten. Ich vernahm ein leises knisterndes Rauschen und aus einem Lautsprecher drang die Stimme des Arztes, der mich bat, meine Eindrücke bezüglich der Qualität gerade der empfundenen Gewalt zu schildern und auf einer Skala zwischen 1 und 10 einordnen. Ich antwortete ihm, er bedankte sich und dann ertönte ein weiteres Signal.

Drei Ohrfeigen in schneller Folge, ein Tritt zwischen die Beine, dazwischen angespuckt, außerdem gebissen und gekratzt. Das nächste Signal. Frage nach meinen Eindrücken, Antwort meinerseits.

In Gedanken stellte ich mir die Frage, was ich eigentlich gerade unterschrieben hatte. Ich kam jedoch nicht dazu, meine Phantasie spielen zu lassen, da schon das nächste Signal ertönte. Dieses mal ging es gleich ins Gesicht. Eine Faust-Nase, Faust-Kinn, Faust-Auge Kombination, drei beeindruckende oberkörperorientierte Kickboxmoves, zwei Knie im Bauch, dann das Signal.

Die übliche Frage, meine wahrheitsgemäße Antwort.

Danach folgte die Baseballschlägerrunde. Gleich darauf noch eine schlägerlose mit mehreren Teilnehmern und zuletzt eine Stockattacke mit weniger harten Schlägen.

Dazwischen wurden immer wieder meine persönlichen Eindrücke abgefragt, und dann war der Test endlich vorüber.

Mit allem drum und dran hatte er exakt eine halbe Stunde gedauert.

Der Arzt nahm mir die Augenbinde ab, ich wurde losgeschnallt und in einem Nebenraum drei Stunden lang medizinisch versorgt. Ich bekam eine provisorische Schiene für mein geprelltes Bein, eine Kompresse für mein geschwollenes Auge und ein paar Heftpflaster für verschiedene Platz- und Schürfwunden.

Am Ende trat der Arzt an mein Bett, um mit mir über die Ergebnisse meines Tests zu sprechen: Innerhalb des Gewaltschlüssel aus randalierenden Grundschülern (3.Klasse), einer ethnisch durchmischten Mädchengang (14-17 Jahre), betrunkenen Ausländern (2,3 Promille), Skinheads (ebenfalls 2,3 Promille), einer Gruppe Hooligans (Lok Leipzig und Bfc Dynamo) und zwei wütenden Rentnern (76 und 83 Jahre), hätte ich erwartungsgemäß Skinheads und Ausländer mit 9 von 10 Punkten auf den ersten Platz gewählt und die aggressiven Rentner mit 2 Punkten am angenehmsten gefunden.

Damit entspräche mein Ergebnis dem üblichen internationalen Standard.

Er bedankte sich, drückte mir einen Umschlag mit 30 € in die Hand und fragte noch, ob ich vielleicht Interesse hätte, an der erweiterten Testvariante mitzuwirken. Springmesser bei den Grundschülern und Gaspistolen bei den Hooligans. Aber dafür gäbe es dann auch 50 €.

Ich lehnte dankend ab.

Wenig später verließ ich humpelnd das Krankenzimmer, und wollte mir, bevor ich ging, noch einen Kaffee gönnen. Die Cafeteria war schnell gefunden. Und dort saß ein halbes Dutzend Grundschüler, die ihre Kinderriegel aßen, sieben halbwüchsige Mädchen, die sich ihre Nägel feilten und zwanzig Hooligans, die selbst am Tisch noch rauften. Außerdem zwei ältere Herrschaften, die ihre Gehstöcke polierten und zuletzt je ein Dutzend Skinheads und Türken, die bemüht waren, ihren Promillepegel zu halten.

Ich unterhielt mich noch ein bisschen und erfuhr ganz nebenbei das einzige, das mich an dieser Sache wirklich sauer machte: Die bekamen für den Tag jeder 150 €!

Kurz darauf ertönte zwei Räume weiter ein Signal, die Grundschüler sprangen auf um ihrer Arbeit nachzugehen und ich humpelte heim, um meine sauer verdienten 30 € zu verprassen ...


Wenn sie also das Bedürfnis haben, sich mal für die Statistik vermöbeln zu lassen, empfehle ich ihnen das deutsche Institut für Gewaltprä-, inter- und subvention. Sollten sie Grundschüler, Rentner, Gangmitglied, Skinhead, Hooligan oder ein gewaltbereiter Ausländer sein, dann könnte sich das sogar lohnen...